Weindoktor: Wie wird der Jahrgang 2011?
Unter Freunden des steirischen Weines hat sich herumgesprochen, dass 2010 ein facettenreicher Jahrgang ist. An den Weinen ist der Jahrgang zu erkennen. Wie in allen schwierigen Jahren zählte das handwerkliche Geschick in Weingarten und Keller. Nach der kleinen Weinmenge 2009 ist 2010 nicht gerade ertragreich ausgefallen - im österreichischen Vergleich in überdurchschnittlicher Qualität.
Eigentlich sollte an dieser Stelle über die Qualität der 2010er Weine geschrieben werden. Landesweinkost und Salonprämierungen sind im Gange. Die Klassikweine haben angenehme Trinkreife entwickelt. Weinfreunde haben schon erkannt, dass einzelne Weine kurz nach dem Marktauftritt bereits verkauft sind. Voll Spannung blicken so Weinbauern und Weinfreunde dem Jahrgang 2011 entgegen. Die Weinbauern wünschen sind wieder ein normales Jahr und in gewohnter Weise fragen so manche Weinfreunde schon: „Wie wird 2011?“.
2011 wird ein etwas früheres Jahr als 2010 werden, das kann jetzt schon gesagt werden. Das ist allerdings die einzige seriöse Aussage, die zum neuen Jahr gemacht werden kann. Aus langjähriger Erfahrung wissen wir, dass wir in unserem Weinbaugebiet ca. 110 Tage Vegetation zwischen Blüte und Lese benötigen. Der Austrieb und der bisherige Vegetationsverlauf sind einem durchschnittlichen Jahr voraus. Ende Mai werden die Reben blühen und damit 10-14 Tage früher, als im langjährigen Durchschnitt. Diese 110 Tage sind auch der Grund, warum Sauvignon blanc in der Steiermark nie so grüne Aromen haben kann, wie Sauvignon aus Gebieten mit sehr hohen Vegetationstemperaturen. Verantwortlich für die „Paprika- bzw. Gemüsearomen“ ist unter anderem das sogenannte „2-Isobutyl-3-methoxypyrazin“. Dieser Stoff ist in der Trauben rund um die grünen Kerne eingelagert und hat die Aufgabe, eben diese unreifen Kerne zu schützen, bevor sie sich durch die Einlagerung von Gerbstoffen (erkennbar am Braunwerden) selbst schützen können. Im Zuge der Reife werden diese Methoxypyrazine abgebaut. Sauvignon blanc wird in heißen Gebieten bereits nach 80 Tagen ab der Blüte gelesen – der Abbau der „Gemüsearomen“ ist dadurch möglicherweise noch nicht so weit fortgeschritten. Weine aus Südafrika haben bis zu 60ng/l des Stoffes, dessen Geschmacksschwelle bei 2ngl liegt. Sauvignon blanc aus der Steiermark haben durchschnittlich unter 10ng/l. Das ist ausreichend, um die Sortentypizität zu unterstreichen. Die feinen, reifen exotischen Aromen unserer Sauvignon blancs werden nicht überdeckt. Durch die Rücknahme sehr stark Essigbildender Hefen, werden diese feinen anspruchsvollen Weine in Zukunft wieder häufiger anzutreffen sein.
Wenn wir jetzt ein frühes und möglicherweise heißes Jahr haben, kann es durchaus sein, dass wir wieder mehr unreife Töne in unseren Sauvignon blancs finden werden. Durch die hohe Zuckerbildung der Sorte werden einzelne Weine wieder früher gelesen werden. Der Wunsch nach weniger Alkohol ist nur zu verständlich – wir können das mit der Natur machen, in anderen Gebieten müssen dazu Maschinen eingesetzt werden.
Jetzt ist einmal die Natur am Zug, das Ertragspotential mit einem guten Blühverlauf auszuschöpfen. – alle anderen Aussagen sind höchst unseriös.
Auf Ihr Wohl - mit einem guten Glas steirischen Wein.