Weindoktor Reinhold Holler über den Sturm
Untrennbar zu den Farbenspielen der Reben und Wälder im Herbst gehört das Rauchen von Kastanienöfen an allen Ecken und Enden. Der Genuss ist dann vollkommen, wenn dazu noch ein Glas frischer Sturm gereicht wird. In seiner süffigen und jugendlichen Art – schließlich braucht es nur einige Tage Gärung, damit aus dem Traubenmost ein Sturm wird – zählt der Sturm zu den beliebtesten Herbstgetränken. Durch den Hefereichtum soll er für eine schönere Haut sorgen. So mancher lobt die sportliche Seite – „Wo ist das WC?“ und so mancher lobt im zart berauschten Zustand die unbekannte Frau.
Sturm? – Sturm ist nach dem Bezeichnungsrecht der Europäischen Union ein Begriff, der Produkten aus österreichischen Trauben vorbehalten ist. Nun werden Trauben nicht durch Grenzkontrollen sondern durch das Wachstum der Reben zu österreichischen Trauben. Das Gesetz sieht zusätzlich noch vor, dass auf den Sturmflaschen die Weinbauregion anzuführen ist. Die Steiermark zählt zur Weinregion „Steirerland“. Nun ist es in den letzten Jahren aufgrund der Traubenknappheit in der Steiermark n dazu gekommen, dass der österreichische Sturmmarkt mit Trauben aus Niederösterreich und Burgenland bestritten wird. Dass diese Trauben noch dazu billiger als steirische Trauben sind, braucht nicht erwähnt zu werden. Dadurch lässt sich der Sturm noch billiger anbieten. Viele steirische Weinbauern, die ihren Sturm noch aus den eigenen Trauben herstellen, sind hier einem großen Marktdruck ausgesetzt und produzieren nur noch die Mengen für den eigenen Ausschank.
2011 fassten die Kollegen im Burgenland Mut und forderten höhere Traubenpreise. Die Reaktion des „Marktes“ kann man sich vorstellen.
Jetzt steht in vielen Regalen auf einmal neben dem groß angekündigten Sturm „gärender Traubenmost aus Trauben der Europäischen Union“ – natürlich billiger, selbstverständlich alles gesetzeskonform und mit wunderschönen Namen.
Aber wollten wir nicht Sturm trinken? Wollten wir nicht die Augen schließen und die wunderschöne steirische Landschaft sehen? Sie als Konsument haben die Macht – Geiz muss nicht geil sein – ein Glas Sturm bei Ihrem Weinbauern schon.